Er spricht uns aus der Seele

Er spricht uns aus der Seele

Er spricht uns aus der Seele

"Der Wald steht schwarz und schweiget, und aus den Wiesen steiget der weiße Nebel wunderbar …" Diese drei Zeilen aus dem Abendlied von Matthias Claudius kennt heute jedes Kind. Wer aber kennt noch den Dichter dieses wohl bekanntesten deutschen Gedichtes, den Journalisten und Lyriker Matthias Claudius? Und seine sonstigen vermischten Schriften, in denen sich viele wahre Kleinode verbergen? Das fragte sich der Augsburger Schauspieler und Sprecher Jörg Stuttmann. "Wenn man ihm näher kommt, so stellt man fest, dass dieser Mensch seiner Zeit in Vielem weit voraus war und er uns mit unseren heutigen Problemen und Empfindlichkeiten ziemlich nahe ist. Und rein menschlich ist Claudius einfach unglaublich sympathisch." Eine von Claudius Lieblingsbeschäftigungen war z.B. das Ausdenken neuer Familienfeste. Als Kind oder Jugendlicher wünscht sich wohl jeder jemanden wie Claudius zum Freund oder Vater.

Im Schwarzbrunnen

Ganz klar, Claudius, seine Botschaft und seine Schriften gehören unter 's Volk. Zu diesem Zweck begab sich Stuttmann am Donnerstag zur Lesung in die Ganghofgerhütte im Schwarzbrunnenwald bei Welden. Die VHS, der Verein zur Förderung der Kulturarbeit und auch der Kultour-Sommer unterstützten die Veranstaltung. In der Hütte sorgte der strömende Regen für ein angenehmes Blätterrauschen, der Wald stand draußen schwarz und schweigend, auch Nebel zeigte sich über den angrenzenden Wiesen. "Claudius hätte sich hier wohlgefühlt", meinte Stuttmann. "Diese Hütte hätte ihm gefallen!"

Matthias Claudius, der zur Goethezeit seine Werke unter dem Pseudonym Asmus und als "Wandsbecker Bote" in ganz Deutschland verbreitete, war ein sehr kluger Kopf und sentimentaler Gemütsmensch, ein kritischer Beobachter und Träumer zugleich. Er stand in Kontakt mit den großen Geistern seiner Zeit, war eng mit Herder befreundet. Wie viele seiner literarischen Kollegen kam Claudius in einem Pfarrhaus zur Welt, er wurzelte tief in der christlichen Religion, vermied es aber, Pfarrer zu werden. Als echter Spätzünder brauchte er lange Zeit, um seinen Platz in der Welt zu finden. Lorbeeren und Karriere bedeutete ihm nicht viel. Er hielt sich als Mensch lieber im Hintergrund und im Kreis seiner Familie. Doch ging er literarischen Streitereien darum nicht aus dem Weg. Der sanfte Rebell zankte sich mit Goethe und der fürstlichen Obrigkeit, sprach auch mal laut ungeliebte Wahrheiten aus, was ihn "karrieremäßig" eher ausbremste und dann auch mal den Job kostete. Zudem bekamen er und seine geliebte Frau andauernd Kinder. Kein Wunder, dass das mit dem Geld hinten und vorne nicht hinhaute.

Zeitlose Botschaft

Über seine Existenzsorgen ließ Claudius sich aber keine grauen Haare wachsen. Seine Texten sprechen direkt zu uns, sind voll überschäumender Lebensfreude und voller Einfälle göttlichen Humors. Voller Mitgefühl für die leidende Kreatur säte Claudius Toleranz und Friedfertigkeit unter den Menschen. Menschen wie ihn hat die Menschheit noch heute dringend nötig.